Mobilität als Lebensqualität 

Forschung aktuell, 185

23. März 2005

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Mobilität als Lebensqualität

Mobilität als Lebensqualität
Weniger ist mehr: Sparsam, sicher, solide…
Umdenken bei den Autofahrern

In den neunziger Jahren war das Auto ein Statussymbol für die Wohlstandsentwicklung in Deutschland: Ein Erlebnismobil, ein komfortables Allzweck-Spielzeug für Erwachsene, das fast alle individuellen Wünsche erfüllte. Mit dem Wert des Autos wurden manchmal sogar Persönlichkeitseigenschaften "mitgekauft". Jetzt findet ein Umdenken bei den Autofahrern statt: Komfort, Luxus und persönliche Note muss man sich auch leisten können. Ein Auto darf wieder preiswert sein. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wandelt sich das Auto vom Erlebnismobil zum Sparmobil. Beim "Auto des 21. Jahrhunderts" denken fast drei Viertel der Bevölkerung (73%) an das Merkmal "sparsam", hingegen nur 10 Prozent an die Eigenschaft "erlebnisreich". Selbst die jungen Autofahrer bis 34 Jahre schätzen die Sparsamkeit eines Autos im Verbrauch um ein Vielfaches höher ein (69%) als Prestigemerkmale wie "modisch" (41%), "sportlich" (40%) oder "anerkannt" (16%). Dies geht aus einer aktuellen Repräsentativbefragung des B.A.T Freizeit-Forschungsinstituts hervor, in der 2.000 Personen in Deutschland nach ihren Mobilitätsgewohnheiten und ihren Vorstellungen über das Auto der Zukunft befragt wurden.
"Das Auto des 21. Jahrhunderts muss in erster Linie sparsam, sicher und solide sein. Beim Schielen auf den Preis sind die Autofahrer aber nicht bereit, Abstriche bei der Sicherheit zu machen", so Prof. Dr. Horst W. Opaschowski, der Leiter des Instituts. "Safety first – zu einem guten Preis: Das zeichnet ein Qualitätsauto zu Beginn des 21. Jahrhunderts aus. Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss stimmen, ohne dass dabei die Lust am Autofahren verloren geht." Die B.A.T Untersuchung weist nach: Ein modernes Auto muss leistungsfähig und zugleich finanziell erschwinglich sein.

Das Auto als zweites Zuhause.
Was sich junge Autofahrer unter einem idealen Auto vorstellen

Das Auto geht einer neuen Zukunft entgegen. Es wird zum zweiten Zuhause. Insbesondere die jungen Autorfahrer wünschen sich für die Zukunft ein Mehrzweckauto und Multimobil, das im Stau und Stehverkehr genauso viel Freude macht wie unterwegs beim Fahren. Mehr als die Hälfte träumt von einer Klimaanlage (60%). Jeder Zweite wünscht sich einen Airbag (51%). An der Sicherheit soll nicht gespart werden. Und fast die Hälfte will nicht auf die Unterhaltung im Auto durch Radio und CD (46%) verzichten. Gut ein Drittel (39%) der jungen Autofahrer erwartet von einem modernen Multi-Options-Car ein Navigationssystem. Auch ein attraktives Design spielt für die über 18-jährigen Führerscheinneulinge eine wichtige Rolle (35%). Und der Stauraum für Hobby und Sport darf natürlich nicht fehlen (32%).
Um die neuesten News nicht zu verpassen und den Kontakt zu den Freunden nicht zu verlieren, wollen sie auch auf eine Telefon-Freisprechanlage nicht verzichten (27%). Einige träumen auch von einer eingebauten Kühlbox (13%), andere können sich für "Hingucker" wie Spoiler, Felgen und Auspuff begeistern (21%). Professor Opaschowski: "Junge Autofahrer wollen ihr Auto fast wie zu Hause ‚möblieren’. Trotzdem halten sich die verspielten Zusatzwünsche für Zubehör in engen Grenzen. Wichtiger sind den jungen Leuten Qualität, Sicherheit und Funktionalität. Eher deutet sich bei den jungen Autofahrern ein Wandel vom leistungsbetonten zum genussorientierten Autofahren an. Das Klotzen mit Spitzengeschwindigkeiten überholt sich. So kommt es eher zum Wandel vom Tempomobil zum Homemobil: Bequem und geborgen im Komfort – im Stehen und im Fahren."
Weil sich die Autofahrer zwangsläufig länger als früher im Auto aufhalten, lernen sie auch den Innenraum-Komfort des Autos schätzen. Ein Gefährt mit dem Touch von Wohnlichkeit und Möblierung. Gekühlte Getränke können locker aufgetischt werden, während die Klimaanlage in Betrieb und der Stau durch das Navigationssystem einfacher umfahren werden kann. Hinzu kommt der Autosound der CD-Musik. Alle Sinne fahren mit.

Kinder als Störfaktoren?
Autofahrer sind am liebsten nur mit Partner(in) unterwegs

Bei längeren Autofahrten möchten die deutschen Autofahrer möglichst auf niemanden Rücksicht nehmen müssen. Für sie kommen dabei allenfalls Partner (43%) oder die Familie (19%) in Betracht. Und der Gedanke, nur mit Kind oder Kindern länger unterwegs zu sein, trägt für die meisten Autofahrer fast albtraumhafte Züge. Nur mehr 3 Prozent der Deutschen würden bei solchen Touren am liebsten Kinder dabei haben – weitaus weniger als noch vor zehn Jahren (1995: 12%). Die Kinderfreundlichkeit ist deutlich geringer geworden. Kinder als Störfaktoren? Eine problematische Entwicklung.
Professor Opaschowski: "Das ‚Auto’mobil trägt seinen Namen zu Recht: Es fährt fast von allein – und ist eigentlich nur für den Autofahrer selbst da. Beifahrer werden geduldet, Mitreisende stören eher. Auf den ersten Blick wirkt das Auto wie ein Egomobil." Die Entdeckung des Autos als geselliges Mobil für Kinder, Familie und Freunde steht offensichtlich noch aus.

Leben zwischen Lust und Flucht.
Warum die Menschen massenhaft mobil sind

Zeit- und Raumgewinn stellen für die Mobilität eher vorgeschobene Gründe dar. Vielmehr ist anzunehmen, dass die Zeit heute subjektiv so wertvoll geworden ist, dass sie einfach "genutzt" werden muss – um möglichst viel zu erleben und nichts zu verpassen.
"Raus" und "Weg" heißt das Ziel. Das Unterwegssein ist oft wichtiger als das Ankommen: Raus aus allem, was mit dem alltäglichen Leben zu tun hat. Professor Opaschowski: "Die Menschen sind hin- und hergerissen zwischen Alltagsflucht und Lebenslust, Kontaktsuche und Frischluftbedürfnis. Mobilität symbolisiert beides: Flucht- und Fortbewegung." Ganz obenan steht der Wunsch nach "Tapetenwechsel" (40%), das Abwechslungsbedürfnis (39%) und die Angst vor der Langeweile in den eigenen vier Wänden, die Befürchtung, dass "die Decke auf den Kopf fällt" (32%). Genauso stark aber sind der Erlebnisdrang (40%) und die Unternehmungslust (40%), wobei auch Neugier (36%) mit im Spiel ist.
Die Befragungsergebnisse lassen den Schluss zu: Hinter dem Mobilitätsbedürfnis verbirgt sich nicht selten ein körperlicher Bewegungs- und Aktivitätsdrang, der genauso gut im Freien beim Sport, Wandern oder Spazieren gehen befriedigt werden könnte. Vorausgesetzt, das Gefühl der Weite ist dabei garantiert, damit es einen Hauch von Freiheit vermittelt – z.B. beim Spaziergang in einem weitläufigen Stadtpark mit weiter Sicht, beim Spiel auf dem Golfplatz oder bei der Fahrt mit dem Segelboot auf einem großen See oder Meer. Wo dies nicht in ummittelbarer Umgebung möglich ist, entwickelt sich motorisierte Mobilität fast zum körperlichen Bewegungsersatz.
 

Technische Daten der Befragung

Anzahl und Repräsentanz der Befragten: Deutschland, 2.000 Personen ab 14 Jahren
Zeitraum der Befragung: 22. Februar bis 7. März 2005

Ihre Ansprechpartnerin

Ayaan Güls
Pressesprecherin

Tel. 040/4151-2264
Fax 040/4151-2091
guels@stiftungfuerzukunftsfragen.de

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