Sinn und Selbstverwirklichung: Was erwarten wir eigentlich von Erwerbsarbeit?
Chart der Woche, 2025-KW23
5. June 2025
Results
Arbeitnehmende in Deutschland können gegenwärtig deutlich weniger berufliche und persönliche Ziele verwirklichen als noch vor zehn Jahren. So gelingt es aktuell nur noch etwa jeder bzw. jedem Vierten (27 %), Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren – 2015 waren es noch 42 Prozent. Erfolgserlebnisse und Anerkennung nennt 2025 nur noch jeder Fünfte, während es vor zehn Jahren doppelt so viele waren. Auch der Anteil derjenigen, die Spaß an der Arbeit empfinden, hat sich fast halbiert (von 62 auf 33 Prozent). In den Bereichen Führungspositionen, hohes Ansehen und überdurchschnittliches Einkommen bleibt das Niveau konstant niedrig.
Reasons
Die Arbeitswelt hat sich in den vergangenen zehn Jahren durch Digitalisierung, Verdichtung von Arbeitsprozessen und zunehmende Unsicherheiten stark gewandelt. Flexible Arbeitsmodelle und Homeoffice eröffnen zwar neue Chancen, führen aber auch zur Entgrenzung von Berufs- und Privatleben – was die Vereinbarkeit erschwert. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Beschäftigte, während individuelle Gestaltungsspielräume oft nicht im gleichen Maße wachsen. Anerkennung und Erfolgserlebnisse werden durch standardisierte Prozesse und weniger persönliche Führung seltener vermittelt. Hinzu kommen gesellschaftliche und wirtschaftliche Krisen, die das Sicherheitsgefühl und die berufliche Zufriedenheit zusätzlich beeinträchtigen.
Forecast
Trotz der aktuellen Einbußen bestehen mittelfristig positive Perspektiven. Unternehmen und Politik erkennen zunehmend die Bedeutung von Arbeitszufriedenheit und individueller Entfaltung für Innovationskraft und Produktivität. Es wird verstärkt in Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie investiert sowie in neue Formen der Anerkennung und partizipativer Führung.
Doch auch die Arbeitnehmenden sind gefordert, selbst aktiv auf Veränderungen zu reagieren. Anpassungsfähigkeit, Eigeninitiative und die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen werden künftig zu Schlüsselkompetenzen, um eigene berufliche Bedürfnisse besser zu realisieren.
Die nächsten Jahre werden zeigen, wie gut Unternehmen und Beschäftigte gemeinsam neue Wege gehen. Ein konstruktiver Dialog, gegenseitiges Vertrauen und die Bereitschaft, voneinander und miteinander zu lernen, bilden die Grundlage für eine Arbeitswelt, in der die Bedürfnisse beider Seiten berücksichtigt werden können.