Ist Offline-Sein Luxus? Warum wir uns Handy-freie Zonen wünschen
Chart der Woche, 2025-KW41
9. Oktober 2025
Ergebnis
Drei von fünf Bürgern in Deutschland sprechen sich aktuell für öffentliche Räume ohne WLAN und Smartphones aus. Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich eine leichte, aber stetige Zunahme dieses Wunsches. Besonders in Cafés, Bars, Kneipen oder Restaurants wünschen sich viele mehr bewusste Kommunikation und echte Begegnungen ohne digitale Ablenkung. Diese Haltung steht im Kontrast zur wachsenden digitalen Durchdringung des öffentlichen Raums, in dem kostenloses WLAN inzwischen in Restaurants, im Einzelhandel oder an Bushaltestellen zur gängigen Infrastruktur gehört. Die Diskrepanz zwischen technischer Verfügbarkeit und sozialem Bedürfnis wird damit zunehmend sichtbar.
Gründe
Die ständige Erreichbarkeit und die Vielzahl digitaler Reize werden von vielen als Belastung empfunden. Gespräche werden unterbrochen, wenn das Handy vibriert, und echte Aufmerksamkeit geht häufig verloren. Der Wunsch nach Präsenz und ungeteilter Zuwendung wächst bei Jüngeren ebenso wie bei Älteren. Neben der Suche nach sozialer Nähe spielt auch das Bedürfnis nach Entschleunigung eine zentrale Rolle. Hinzu kommt: Wer sich in Gesellschaft befindet, möchte sich zugehörig fühlen – nicht übersehen werden, weil der Gesprächspartner auf einen Bildschirm blickt. Obwohl das Bedürfnis nach digitaler Zurückhaltung steigt, reagieren öffentliche Einrichtungen bislang nur vereinzelt darauf.
Prognose
In Ländern wie Australien, Großbritannien oder den USA erhalten Gäste in Restaurants mitunter Belohnungen, wenn sie auf ihr Smartphone verzichten, beispielsweise durch kleine Extras oder Preisnachlässe. Ziel ist es, die Aufenthaltsdauer zu verlängern und das soziale Miteinander zu fördern. Auch in Deutschland könnten Gastronomen künftig stärker auf diese Bedürfnisse eingehen und digitale Enthaltsamkeit aktiv unterstützen. Der bewusste Verzicht auf WLAN-Zugang könnte so nicht als Rückschritt, sondern als Qualitätssignal verstanden werden. Perspektivisch entsteht ein neuer Mehrwert: echte Begegnung im analogen Raum als bewusster Gegenpol zur Reizdichte des digitalen Alltags.