Freizeit-Monitor 2025

Forschung aktuell, 312

5. August 2025

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Freizeitverhalten der Deutschen

Die Freizeit der Deutschen findet zunehmend „on demand“ statt – ein zentrales Ergebnis des aktuellen Freizeitmonitors 2025. Für die von der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen seit 40 Jahren durchgeführte Langzeitstudie wurden im Juni dieses Jahres über 3.000 Bundesbürger ab 18 Jahren repräsentativ zu ihrem Freizeitverhalten und ihrer Zufriedenheit damit befragt. Die detaillierte Auswertung zeigt mehrere strukturelle Veränderungen: Während der Medienkonsum digitaler und persönlicher wird, gewinnen sportliche Aktivitäten und einfache Formen der Erholung wie Spazierengehen oder Lesen an Bedeutung – klassische Sozialkontakte hingegen nehmen leicht ab.

„Wir beobachten eine stille Re-Priorisierung in der Freizeit“, so Professor Dr. Ulrich Reinhardt, wissenschaftlicher Leiter der BAT-Stiftung. „Die Art und Weise, wie die Bürger ihre freie Zeit gestalten, offenbart die wachsende Bedeutung des Zusammenspiels von Flexibilität und Kontrolle auf der einen sowie den Wunsch nach Geselligkeit und Wohlbefinden auf der anderen Seite.“

 

Vom Bildschirm bis zur Bewegung – was die Mehrheit regelmäßig macht

Die Freizeitgestaltung der Bundesbürger ruht auf vier zentralen Säulen: Medienkonsum, Aktivitäten, soziale Interaktionen und persönliche Erholung. Den größten Anteil nehmen mediale Tätigkeiten ein: So nutzen fast alle das Internet (98 %), sehen fern (83 %), hören Musik (83 %) oder Radio (70 %) und beschäftigen sich intensiv mit digitalen Geräten wie Computer (79 %) und Smartphone (79 %) sowie sozialen Medien (72 %).

Erholung hat ebenfalls einen hohen Stellenwert – von bewusstem Faulenzen (62 %) und Ausschlafen (58 %) bis zur selbstreflexiven Beschäftigung mit den eigenen Gedanken (73 %). Auch soziale Interaktionen wie wichtige Gespräche führen (68 %) oder gemeinsame Zeit mit dem Partner verbringen (66 %) sind häufige Bestandteile der Freizeit. Zudem üben viele regelmäßig körperliche Aktivitäten aus – darunter Spaziergänge, sportliche Betätigung oder Hobbys.

Der Wandel der Medienlandschaft: Von der Monokultur zur personalisierten Mischkultur

Prof. Reinhardt: „Man könnte auch sagen, wir versammeln uns nicht mehr ums Lagerfeuer, sondern treffen uns im Livestream.“ Denn es zeigt sich ein deutlicher Rückgang klassischer Leitmedien: Die wöchentliche Nutzung gedruckter Zeitungen und Zeitschriften hat sich seit 2010 von 72 % auf 38 % fast halbiert. Das lineare Fernsehen sank von 97 % auf 83 %, beim Radio ging die Nutzung von 90 % auf 70 % zurück.

Gleichzeitig gibt es eine Zunahme des On-Demand-Prinzips: Die wöchentliche Nutzung von Social Media hat sich seit 2012 mehr als verdoppelt (von 34 % auf 72 %). Streamingdienste nutzen inzwischen 58 %, YouTube 53 %, Podcasts oder Hörbücher 25 %.

Reinhardt: „Der Medienkonsum entwickelt sich vom linearen, programmgesteuerten Modell zu einem personalisierten On-Demand-System. Orts- und zeitunabhängig wird konsumiert, was gerade gefällt.“

 

Buchlesen als Konstante

Trotz des digitalen Wandels und der Konkurrenz durch audiovisuelle Medien ist der Anteil der Buchleser stabil geblieben: Wie vor fünf, zehn oder 15 Jahren greift gut jeder dritte Bundesbürger (35 %) regelmäßig zum gedruckten Buch. Ein wesentlicher Grund hierfür ist eine konstante Kernleserschaft – meist gut gebildet, kulturinteressiert und dem Medium Buch verbunden – bleibt sie dieser Gewohnheit treu und gibt sie an nachfolgende Generationen weiter. Darüber hinaus erfahren Bücher im digitalen Zeitalter eine neue Bedeutung als bewusster Gegenpol zur schnellen, fragmentierten Mediennutzung. Lesen ist nicht nur eine Informationsquelle, sondern oftmals auch ein Ritual und eine Art der Selbstfürsorge. Der hohe symbolische Wert des Lesens – als Zeichen von Bildung, Reflexion und innerer Ruhe – trägt zusätzlich dazu bei, dass Bücher trotz aller medialen Konkurrenz weiterhin fest im Alltag vieler Bürger verankert sind.

 

Videospiele, Musik hören und Onlineshopping – drei Gewinner im 15-Jahres-Vergleich

Online-Shopping: Mehr als drei Viertel der Bundesbürger (76 %) bestellen inzwischen mindestens einmal pro Monat online – 2010 war es nur gut jeder Dritte (35 %). Der Anteil der wöchentlichen Onlineshopper hat sich seitdem sogar mehr als verdreifacht – von 8 % auf aktuell 25 %.

Videospiele: Was einst als Nischenaktivität galt, ist heute im Mainstream angekommen: Der Anteil der wöchentlichen Gamer stieg von 9 % (2010) auf 34 % (2025).

Musik hören: Durch mobile Flatrates und Streamingdienste ist Musikhören mittlerweile die dritthäufigste Freizeitbeschäftigung (83 %) – im Jahr 2010 lag der Wert noch bei 40 % und damit auf Platz 25.

Reinhardt: „Die Triebfedern sind Bequemlichkeit, Individualisierung und ständige Verfügbarkeit. Der digitale Konsum ist passgenau auf den Einzelnen zugeschnitten und erfordert weder Planung noch Ortswechsel.“

 

Weniger soziale Interaktion

Das wöchentliche Treffen mit Freunden zu Hause ist von 24 % (2010) auf 20 % (2025) gesunken. Auch gemeinsame Unternehmungen und Einladungen nahmen leicht ab. Das Treffen oder Plaudern mit Nachbarn gehört zwar für ein Drittel der Bevölkerung (33 %) weiterhin zur Wochenroutine, hat im Langzeitvergleich jedoch deutlich an Bedeutung verloren (2010: 47 %).

Auch innerhalb der Familie finden Begegnungen seltener statt: Großeltern sehen ihre Enkel heute nur noch halb so häufig wie vor 15 Jahren (2025: 11 %, 2010: 22 %), es wird weniger Zeit mit dem Partner verbracht (64 % vs. 72 %) und seltener mit den Kindern gespielt (28 % vs. 35 %).

Organisierte und öffentliche Formen der Geselligkeit verzeichnen ebenfalls durchgehend sinkende Werte. Der wöchentliche Besuch von Kneipen oder Bars hat sich seit 2010 fast halbiert – von 12 % auf 7 %. Auch Stammtischrunden, Disco- oder Clubbesuche sind rückläufig.

 

Sport im Blickpunkt – Bewegung wird zur Normalität

Im Jahr 2025 erreicht die regelmäßige sportliche Betätigung in Deutschland ein Rekordniveau: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung treibt mindestens einmal pro Woche Sport – ein Wert, der seit 2010 kontinuierlich gestiegen ist. Parallel dazu geben 57 % an, wenigstens einmal pro Woche etwas für ihre Gesundheit zu tun – mit weiter steigender Tendenz in den vergangenen Jahren.

Reinhardt: „Sportliches Engagement hat sich von einer Randerscheinung zu einer zentralen Säule der Freizeitgestaltung entwickelt. Es ist eine Antwort auf die Digitalisierung des Alltags und eröffnet Wege in die Natur, zu persönlichen Begegnungen, zum Ausgleich und zur Selbstfürsorge.“

  • Besonders zulegen konnte der Sport in den eigenen vier Wänden: War vor fünf Jahren nur etwa jeder Vierte (26 %) zuhause aktiv, ist es inzwischen fast jeder Dritte (32 %). Häufig kommen dabei flexible Formate über Streaming-Plattformen oder Apps zum Einsatz – mit geringem organisatorischem Aufwand.
  • Auch klassische Aktivitäten wie Joggen oder Schwimmen erleben ein deutliches Comeback. Der Anteil der regelmäßig Joggenden ist von 10 % im Jahr 2010 auf 21 % im Jahr 2025 gestiegen. Auch das Baden und Schwimmen hat stark zugelegt – von 5 % (2010) auf aktuell 13 %. Die Zahlen zeigen: Immer mehr Menschen suchen gezielt nach Ausgleich in der Natur – fernab von Bildschirmen und digitaler Dauerpräsenz.
  • Fitnessstudios erleben vor allem bei jungen Männern einen regelrechten Boom. 2025 trainieren 36 % der Männer unter 35 Jahren regelmäßig – mehr als doppelt so viele wie noch 2014 (17 %). Auch bei jungen Frauen hat sich der Anteil deutlich erhöht – von 14 % auf 23 %. In der Gesamtbevölkerung ist der Anteil der Fitnessstudiobesucher seit 2014 von 9 % auf 20 % gestiegen. Damit zählen Fitnessstudios zu den großen Gewinnern der letzten Jahre.

 

Spazierengehen – eine einfache Antwort auf die Komplexität des Alltags

Der regelmäßige Spaziergang hat sich zu einer festen Gewohnheit im Alltag der Deutschen entwickelt. Aktuell gehen fast drei von fünf Bürgern (59 %) mindestens einmal pro Woche spazieren – vor 15 Jahren waren es noch gut zwei von fünf (43 %).

Dazu der wissenschaftliche Leiter der BAT-Stiftung, Professor Ulrich Reinhardt:
„Der Spaziergang ist die einfachste Form der Mobilität und zugleich eine konkrete Antwort auf die Komplexität des modernen Lebens. Er erfordert keine Planung, keine Technologie und kein Budget – bietet dafür aber Selbstbestimmung und Regeneration. In einer immer schnelleren, digitalisierten Welt ist das Gehen zu einem bewussten Akt der Entschleunigung geworden.“

 

Fazit: Eine neue Freizeit-Ära zwischen Bequemlichkeit und Bedürfnis nach Begegnung

Der Freizeitmonitor 2025 zeichnet das Bild einer Gesellschaft im Wandel. Auf der einen Seite dominiert zunehmend das digitale Freizeitangebot – ein Trend, der sich in den kommenden Jahren weiter verstärken dürfte. Diese Entwicklung folgt dem Prinzip individueller Verfügbarkeit und maximaler Bequemlichkeit: Weder Planung noch das Verlassen des eigenen Zuhauses sind erforderlich.

Gleichzeitig ist eine Gegenbewegung erkennbar: Analoge Aktivitäten wie das Lesen von Büchern, Spaziergänge, sportliche Betätigung oder Naturerlebnisse gewinnen an Bedeutung. Sie spiegeln ein wachsendes Bedürfnis nach Entschleunigung, Ausgleich und sinnlich-körperlicher Erfahrung wider.

Besorgniserregend ist hingegen die schleichende Erosion sozialer Kontakte. Der soziale Kitt – einst gestärkt durch gemeinsame Erlebnisse und ehrenamtliches Engagement – droht zunehmend zu bröckeln.

Reinhardt: „Die Zukunft der Freizeit wird davon abhängen, ob es gelingt, digitale Möglichkeiten zu nutzen, ohne dabei die fundamentale menschliche Dimension des Miteinanders zu verlieren. Denn wahre Lebensqualität entsteht nicht im digitalen Raum, sondern in der Balance zwischen virtueller Bequemlichkeit und realer Begegnung.“

 

Über den Freizeit-Monitor

Der Freizeitmonitor ist eine seit über 40 Jahren durchgeführte, bevölkerungsrepräsentative Langzeitstudie zum Freizeitverhalten in Deutschland. Für die aktuelle Untersuchung wurden über 3.000 Personen ab 18 Jahren von der GfK im Auftrag der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen befragt. Die detaillierten Ergebnisse und Grafiken zu über 100 Freizeitaktivitäten finden Sie unter www.freizeitmonitor.de .

 

Ihre Ansprechpartnerin

Ayaan Güls
Pressesprecherin

Tel. 040/4151-2264
Fax 040/4151-2091
guels@zukunftsfragen.de

Beitrag teilen: