Reisen nach Corona – Die Urlaubswelt von morgen 

Forschung aktuell, 292

7. Juli 2021

Die Coronapandemie prägt das Reiseverhalten auch im Jahr 2021. Doch wie denken die Bürger über die Zukunft des Tourismus‘? Welche Erwartungen, Wünsche und Ziele haben sie? Mit wem wollen sie unterwegs sein? Und welche Art von Urlaub halten sie persönlich für interessant? Wie wird die Ferienwelt von morgen aussehen und was will der Urlauber in Zukunft wirklich? Kultur oder Kulisse? Erholung oder Erlebnis? Fern- oder Städtereisen?

Diesen und weiteren Fragen ist die gemeinnützige BAT-Stiftung für Zukunftsfragen in ihrer aktuellen Sonderausgabe der Tourismusanalyse nachgegangen und hat im Juni 2021 über 2.000 Bundesbürger ab 18 Jahren repräsentativ befragt.

Die Urlaubsformen der Zukunft: Strand. Stadt. Haus

Platz 1: Strand- und Badeurlaub

Der Mensch kommt aus dem Wasser und so zieht es ihn zumindest im Urlaub auch immer wieder dorthin zurück. Entsprechend wollen fast drei von fünf Bundesbürgern in Zukunft ihren Urlaub am Strand verbringen. Urlaub am Strand wird nicht nur mit Sonne und Wärme verbunden, sondern auch mit Erholung, der Möglichkeit, sich sportlich zu betätigen, dem Sehen und Gesehen-Werden, entspannter Atmosphäre und Zeit in der Natur.

Platz 2: Städtereisen

Ob im In- oder Ausland, in Großstädten oder auf dem Land: fast jede Stadt setzt zu Recht (auch) auf den Tourismus. Beliebt bleiben die Metropolen, aber auch kleinere Städte werden vom Städtetourismus profitieren. Schon heute entfallen „nur“ etwa ein Drittel aller Übernachtungen auf die 80 deutschen Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern. Und während die Metropolen sich gegenseitig mit Kulturhighlights und Megaevents überbieten, setzen die kleineren Ortschaften auf Authentizität und Atmosphäre, Gemütlichkeit und Entschleunigung.

Platz 3: Ferienhaus/-wohnung

Auch im Urlaub sein eigenes Zuhause – davon träumen 51 Prozent der Bundesbürger. Pensionen und Hotels spüren zunehmend die Konkurrenz der Anbieter von Ferienwohnungen und -häusern. Dank Onlineplattformen ist das Angebot umfassend, attraktiv und individuell buchbar, ganz gleich ob die spartanische Berghütte oder die Wohnung am Times Square; alles ist nur einen Mausklick entfernt. Zudem vermittelt es ein Gefühl von Authentizität, wenn man „wie ein Local lebt“ und über die Unterkunftsart bereits in die Kultur eintauchen kann.

Platz 4: Erholungsurlaub

Auch wenn der Urlaub heute meistens keine ausschließliche Erholungsreise mehr ist, bleibt der Wunsch der Bürger, zur Ruhe zu kommen, bestehen. Fast jeder Zweite möchte in Zukunft vor allem keinen Stress und keine Hektik, sondern stattdessen die Seele baumeln lassen und die Batterien wieder aufladen. Erholungsurlaub ist Ruhe und persönliche Muße zugleich.

Platz 5: All-inclusive

Zwei von fünf Bundesbürgern wünschen sich das Rundum-Sorglos-Paket. Die Vorteile sind klar: Man weiß vor Reiseantritt, welche Kosten auf einen zukommen und muss im Urlaub nicht rechnen. Ohne Reue kann man sämtliche Angebote nutzen, ohne darüber nachzudenken, ob es wirklich sein muss. Dieses ist gerade im Vergleich zu Pauschalreisen, bei denen oftmals noch 30 Prozent Zusatzkosten entstehen, attraktiv.

Weitere Urlaubsformen

Viel Interesse (20-40 Prozent)

Von der Kreuzfahrt bis zur Fernreise, von Urlaub in den Bergen bis auf dem Wasser, vom Campingtrip bis zum Aufenthalt in einem Ferienpark – zahlreiche Urlaubsformen stoßen auf ein breites Interesse. Innerhalb eines Jahrzehnts stieg hierbei insbesondere die Lust auf einen Freizeitpark mit Übernachtungsmöglichkeit (+16 Prozentpunkte) sowie auf Urlaub auf dem Bauernhof (+15 PP) und Wandertourismus (+13 PP).

Etwas Interesse (unter 20 Prozent)

Ganz genau betrachtet werden sollte das Potenzial von Winter- und Sporturlauben, Kultur- und Studienreisen, Wellness- und Eventtrips, Fahrrad- und Busurlauben sowie (Foto-)Safaris und Abenteuerreisen. Sie sind zwar alle nur für einen kleinen Teil der Bevölkerung interessant, aber dieser kann durchaus von wirtschaftlicher Bedeutung sein. So interessieren sich z.B. 19 Prozent der Über-18-Jährigen für einen Urlaub im Schnee – hochgerechnet sind das über 12 Millionen potenzielle Gäste.

Wenig Interesse (unter 10 Prozent)

Die Deutschen interessieren sich nicht für virtuelle Reisen von Daheim. Auch sind Pilger- oder Motorradreisen, Gruppenreisen für Singles, Slow-Tourism oder Backpackerreisen sowie Cluburlaube nicht einmal für jeden zehnten Bundesbürger in Zukunft interessant.

Die Urlaubswelt von morgen

Reisevoraussetzungen: Sicherheit steigt, Umweltschutz sinkt

Sicheren Reisezielen gehört die Zukunft, hiervon sind fast 9 von 10 Bundesbürgern überzeugt. Pandemien, Terroranschläge und Naturkatastrophen haben ihre Spuren hinterlassen. Und egal, welche Vorsorge- und Sicherheitsmaßnahmen auch getroffen werden, die Unsicherheit auf Reisen hat zugenommen.

So stieg in den letzten zwei Jahrzehnten die Bedeutung der Sicherheit um jeweils zehn Prozentpunkte an. Entsprechend schauen sich zunehmend mehr Urlauber nach – zumindest gefühlt – sicheren Urlaubsregionen um. Dies wird den Inlandstourismus fördern und mit Herausforderungen in zahlreichen ausländischen Urlaubsdestinationen einhergehen. Selbst verlockende Sonderangebote, atemberaubende Natur und hohe Gastfreundschaft werden nicht reichen, solange ein Gefühl der Unsicherheit mitreist.

Groß waren die Hoffnungen auf eine höhere Bedeutung von Nachhaltigkeits- und Umweltaspekten von Reisen nach Corona. Doch trotz zunehmendem Umweltbewusstsein im Alltag lässt sich ein solches Verhalten beim Urlaub bisher nicht nachweisen. Ein grundlegender Verhaltens- oder Einstellungswechsel zeichnet sich also nicht ab.

Im Gegenteil: Im Jahresvergleich nimmt die Erwartung auf eine zukünftig höhere Bedeutung von Feriengebieten mit kontrollierter Umweltqualität, intakter Natur und sauberer Landschaft sogar ab.

„Zu attraktiv bleiben Flugreiseziele, zu groß die Sehnsucht nach Sonne, Strand und Meer und zu interessant fremde Länder und Kulturen, als dass die Mehrheit der Reisenden hierauf verzichten möchte“, so der Wissenschaftliche Leiter Professor Dr. Ulrich Reinhardt.

Reiseziele: Überall und jederzeit

Auch in Zukunft wollen viele Urlauber vor allem eins im Urlaub: Etwas Neues entdecken. Der Tapetenwechsel bzw. Kontrast zum Alltag bleibt ein Kernreisemotiv – Tendenz steigend. So möchten sich 38 Prozent erst kurz vor Urlaubsbeginn spontan entscheiden, wohin es geht – und für jeden Vierten heißt Urlaub Reisen, und folglich will er nur kurz an einem Ort bleiben und dann weiterziehen.

Und trotz immer größerer Reiseerfahrung möchte fast die Hälfte der Bundesbürger jedes Jahr ein neues Reiseziel kennenlernen. Wichtig bleiben in diesem Zusammenhang die Einzigartigkeit und Abgrenzung zu anderen. So reizen jeden Dritten ausgewöhnliche Destinationen, in denen noch nicht jeder war.

Reinhardt: „Auf der einen Seite zeichnet sich eine Art modernes Nomadentum ab. Gerade die junge Generation möchte ähnlich wie im Alltag möglichst viel Flexibilität und Abwechslung. Auf der anderen Seite sehnen sich viele Bundesbürger eher nach Beständigkeit und Bekanntem. Die Reisewelt bleibt demnach weiterhin gespalten, und entsprechend individuell und unterschiedlich sind die Anforderungen an die Anbieter.“

Reisepartner: Gemeinsam oder einsam?

Für mehr als drei von vier Bundesbürgern heißt Urlaub vor allem eines: Schöne Ferien mit der ganzen Familie. Innerhalb der Bevölkerung herrscht weitestgehend Einigkeit, lediglich Singles äußern mit immerhin noch 65 Prozent Zustimmung etwas weniger Interesse. Für jeden vierten Bürger kann es im Urlaub dagegen nicht einsam genug sein und es wird am liebsten allein verreist.

Im Jahresvergleich zeigt sich ein uneinheitliches Bild. Während der Anteil der Familienurlauber konstant bleibt, hat sich der Anteil derjenigen, die lieber allein verreisen möchten, verdoppelt.

Reiseerwartungen: Tapetenwechsel und Erholung

Fremde Kulturen und Menschen kennenlernen – diese Erfahrung erhoffen sich fast drei Viertel der Bundesbürger von ihrem Urlaub. Im 5-Jahres-Vergleich wollen deutlich mehr Reisende Authentizität auf Reisen erfahren, wobei dies besonders für Frauen, Großstädter und formal Höhergebildete eine große Rolle spielt.

Sich vor Ort um nichts kümmern und einfach entspannen – das bleibt für die Mehrheit der Deutschen eine zentrale Erwartung an die Ferienzeit. Im 5-Jahres-Vergleich nimmt die Zustimmung leicht ab, bleibt aber auf hohem Niveau. Innerhalb der Bevölkerung lassen sich nur wenig Unterschiede nachweisen. Einzige Ausnahme sind Hausfrauen und -männer, die mit 77 Prozent deutlich mehr Zustimmung signalisieren und den Alltagsstress vergessen wollen.

Sich umsorgen lassen, Luxus und Komfort genießen und wie ein König fühlen: für 43 Prozent der Bundesbürger soll so in Zukunft der Urlaub aussehen. Im Langzeitjahresvergleich zeigt sich die zunehmende Bedeutung dieser Reiseerwartung.

Reinhardt: „Der Urlaub soll besser als der Alltag sein. Die Bürger wollen Stress, Druck, Hektik und Verpflichtungen hinter sich lassen und stattdessen Wohlbefinden, Individualität und Bequemlichkeit erfahren. Für die Zukunft zeichnet sich daher zunehmend ein Qualitäts- statt eines Preiswettbewerbs ab.“

Ihre Ansprechpartnerin

Ayaan Güls
Pressesprecherin

Tel. 040/4151-2264
Fax 040/4151-2091
guels@stiftungfuerzukunftsfragen.de

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