BAT Stiftung für Zukunftsfragen stellt die 27. Deutsche Tourismusanalyse vor 

Forschung aktuell, 229

4. Januar 2011

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BAT Stiftung für Zukunftsfragen stellt die 27. Deutsche Tourismusanalyse vor

Reisebilanz 2010
Mehr Reisende, geringeres Urlaubsbudget

„Der Reiseweltmeister meldet sich zurück – Urlaubslust statt Krisenfrust“, so lautete die letztjährige Prognose der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen zur gerade abgelaufenen Reisesaison 2010. Genauso ist es gekommen – die Reiseintensität der Deutschen ist gegenüber dem Vorjahr um mehr als zwei Prozentpunkte auf 52 Prozent gestiegen. Dies geht aus der 27. Deutschen Tourismusanalyse der STIFTUNG FÜR ZUKUNFTSFRAGEN, eine Initiative von British American Tobacco, hervor, in der 4.000 Bundesbürger ab 14 Jahren nach ihrem Urlaubsverhalten 2010 und ihrer Reiseabsicht für 2011 befragt wurden.
„Die Reiselust kennt keine Grenzen, das Urlaubsbudget schon. Auf diese Formel lässt sich das Reiseverhalten der Deutschen zusammenfassen. Der Großteil der Bürger ist zwar verreist, verkürzte aber die Urlaubsausgaben um durchschnittlich fast 100 Euro“, so Professor Dr. Ulrich Reinhardt, der Wissenschaftliche Leiter der BAT-Stiftung. „Die Reisenden sind sich einig: Lieber wird günstiger verreist, als dass ganz auf die Urlaubsreise verzichtet werden muss.“

Reiseintensität 2010
Spaltung in der Gesellschaft nimmt weiter zu

Trotz des Vulkanausbruchs auf Island und der daraus resultierenden Aschewolke über ganz Europa, trotz Eurokrise und Milliarden-Hilfspaket für Griechenland und Irland, trotz der größten Ölkatastrophe in der Geschichte der USA, trotz Hitzewellen von Russland bis Italien, trotz Terrorwarnung und Anschlagsversuchen in Deutschland verreisten 2010 so viele Deutsche wie schon lange nicht mehr. Insgesamt waren 52 Prozent der Bundesbürger 2010 fünf Tage und mehr unterwegs. Hierbei glich sich das Reiseverhalten in West- und Ostdeutschland weiter an und auch die Unterschiede zwischen der Stadt- und Landbevölkerung wurden geringer. Groß blieben dagegen die Differenzen zwischen den Einkommensschichten. So verreisten in der abgelaufenen Urlaubssaison vier von fünf Besserverdienenden (79%). Im Vergleich zum Vorjahr war dies eine Steigerung um fünf Prozentpunkte und ein Ende der Reiselust der wohlhabenden Deutschen ist kaum abzusehen.
Dagegen stagnierte die Zahl der reisenden Geringverdiener in Deutschland auf niedrigem Niveau – nicht einmal jeder Dritte dieser Einkommensgruppe (31%) konnte sich 2010 eine Urlaubsreise von fünf Tagen Dauer leisten. Professor Reinhardt: „Die Urlaubsreise ist kein Allgemeingut mehr. Und der Reisebranche droht eine weitere Spaltung in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft von Mobilen und Immobilen.“

Inlandsreiseziele 2010
An der Ostsee geht die Sonne auf

Deutschland ist und bleibt das mit Abstand beliebteste Reiseziel der Deutschen. In der abgelaufenen Reisesaison verbrachte mehr als jeder dritte Reisende (37%) seinen Urlaub zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen. Der Gewinner der Reisesaison 2010 war hierbei die Ostsee, die etwa jeden elften deutschen Urlauber bei sich begrüßen durfte.
Vor allem die Ostseeküste in Schleswig-Holstein konnte sich über ein deutliches Plus an Gästen gegenüber dem Vorjahr freuen. Mecklenburg-Vorpommern profitierte dagegen von der wachsenden Anzahl an Urlaubern im Hinterland, wie z.B. der Seenplatte. Die bayrischen Ferienregionen konnten ebenso wie die Nordseeküste ihre Gästezahl konstant halten. Rückgänge mussten dagegen – erstmals seit Jahren – Urlaubsziele in Baden-Württemberg (z.B. Schwarzwald- und Bodensee-Region) verkraften, die ihr hohes Vorjahresniveau nicht halten konnten.

Auslandsreiseziele 2010
Kroatien der Gewinner der Saison

Bei den Auslandsreisezielen landete erneut Spanien auf dem Spitzenplatz. Mehr als jeder achte Bundesbürger (12,9%) verbrachte seinen Urlaub auf den Kanaren, Balearen oder dem spanischen Festland. Dahinter lagen Italien (6,7%) und die Türkei (6,6%) fast gleichauf.
Nur noch die zweite Stelle hinter dem Komma entschied über die Platzierung auf der Beliebtheitsskala. Aber auch Österreich und Kroatien konnten viele deutsche Urlauber bei sich begrüßen. „Kroatien war der Gewinner der Reisesaison 2010. Besonders das gute Preis-Leistungsverhältnis, aber auch die Gastfreundschaft und die schönen Landschaften in den Urlaubsgebieten entlang der Küste und auf den über 1.000 vorgelagerten Inseln begeisterten die deutschen Touristen. In den kommenden Jahren könnte sich das Land an der Adria zu einem echten Konkurrenten für die anderen Mittelmeerdestinationen entwickeln“, so der Leiter der BAT-Stiftung. Einbußen verzeichnete dagegen die Urlaubsdestination Griechenland. Im Zuge der Finanzkrise der Helenen und dem damit verbundenen Image- und Vertrauensverlust der Urlauber hat sich die Anzahl der deutschen Touristen zwischen Athen, Kreta und dem Peloponnes um etwa zehn Prozent reduziert.
Im Gegensatz dazu hat die Fernreise ihre Faszination nicht verloren. Trotz Terroranschlägen und Naturkatastrophen begab sich 2010 mehr als jeder neunte Bundesbürger auf die „große“ Reise. Im Vergleich zum Vorjahr konnten hierbei alle Über­seedestinationen von Nordamerika bis Asien und von Afrika bis in die Karibik leichte Zugewinne verzeichnen.

Reisedauer und Reisekosten 2010
12,5 Tage für 944 Euro

Die durchschnittliche Reisedauer der Deutschen betrug 2010 12,5 Tage. Die Deutschen reisten somit einen halben Tag weniger als noch 2009 (13 Tage). Die Urlaubsphilosophie von den „schönsten Wochen des Jahres“ scheitert zunehmend an zeitlichen und vor allem finanziellen Grenzen. Doch der Wunsch, die Ferien nicht auf Balkonien zu verbringen, hat weiterhin Bestand und um diesen auch realisieren zu können, verkürzen die Bundesbürger immer weiter ihre Reisedauer. Reinhardt: „In den vergangenen dreißig Jahren hat sich die Urlaubsdauer kontinuierlich um etwa zwei Tage pro Jahrzehnt verringert: 1980 waren es 18,2 Tage, 1990 16,3 Tage, 2000 noch 14,8 Tage und 2010 12,5 Tage. Schreitet diese Entwicklung fort, so kann die durchschnittliche Reisedauer zum Ende des Jahrzehnts erstmals auf unter zehn Tage fallen.“ Bei Inlandsreisen wird gegenwärtig bereits lediglich 10,3 Tage verreist.
Durchschnittlich 944 Euro ließen sich die Deutschen ihre Urlaubsreise pro Person kosten. In dieser Summe waren nicht nur die reinen Reise- und Unterkunftskosten enthalten, sondern auch alle Nebenkosten – vom Einkaufsbummel bis zu Ausflügen, vom Souvenir bis zum Trinkgeld für das Servicepersonal. Im Vergleich zum Vorjahr (2009: 1.038 EUR) reduzierten sich die Gesamtausgaben somit um fast 100 Euro. Für die Bundesbürger bleibt es beim Grundsatz: Lieber im Urlaub selbst und an der Dauer der Reise sparen, als komplett daheim zu bleiben.
Geradezu Welten lagen zwischen den Reisekosten im In- und Ausland. Eine Reise ins europäische Ausland war mit 981 Euro fast fünfzig Prozent teurer als ein Urlaub in Deutschland (662 EUR). Fernreisen in die USA, die Karibik oder Asien sind Traumziele und werden es für die meisten Deutschen auch bleiben. Mit 1.668 Euro kostete die Reise in die weite Welt deutlich mehr als die Bundesbürger ausgeben wollten und konnten.

Reiseprognose 2011
Jeder Vierte weiß noch nicht wohin

Deutschland wird auch 2011 das mit Abstand beliebteste Reiseziel der Bundesbürger bleiben. Trotz der Vielfalt und Konkurrenz der Reiseziele in Europa und Übersee will fast jeder vierte Deutsche seinen Urlaub im eigenen Land verbringen. Völlig offen ist die Frage, ob Mecklenburg-Vorpommern oder Bayern, Schleswig-Holstein oder Niedersachsen, Baden-Württemberg oder sonst eine Feriendestination in Deutschland der Gewinner der Saison werden wird. Vieles ist hier noch möglich.
Bei den Auslandsreisezielen bleibt Spanien der unangefochtene Spitzenreiter. Besonders die Balearen können sich 2011 erneut auf zahlreiche Besucher freuen. Der Zweikampf um die Gunst der Gäste zwischen Italien und der Türkei wird derweil in die nächste Runde gehen. Beide Ziele werden wieder ähnlich viele Reisende bei sich begrüßen können. Hierbei kann sich die Türkei auf überdurchschnittlich viele Ostdeutsche und jüngere Reisende, Italien hingegen eher auf Westdeutsche und ältere Gäste einstellen. Die Umfrageergebnisse zeigen zudem: Auch Reiseziele in Griechenland, Skandinavien, Kroatien oder Österreich können sich auf zahlreiche Reisende aus Deutschland freuen.

SONDERTHEMA:
Urlaub in Krisengebieten – Deutsche zeigen Risikobewusstsein

Nach den Unruhen in Tunesien Anfang des Jahres brodelt es seit Ende Januar auch in Ägypten. Und während aus Tunesien alle Urlauber kurzfristig ausgeflogen wurden, sonnen sich noch immer viele deutsche Touristen an den Stränden von Hurghada bis Scharm El-Scheich. Gerade in Ägypten sind Unruhen und Reisewarnungen nichts Neues. Bereits seit Mitte der 1990er Jahre gab es immer wieder politische Krisen, die Auswirkungen auf den Tourismus im Mittelmeerstaat hatten (z.B. Anschläge in Luxor 1997, in Taba 2004, in Scharm El-Scheich 2005 oder 2006 in Dahab). Die deutschen Urlauber reagierten stets mit kurzfristigem Krisenbewusstsein, kehrten im Anschluss aber wieder relativ zeitnah in das beliebteste Urlaubsziel Nordafrikas zurück. Gilt dies auch für die Zukunft? Und welchen Einfluss haben die Reisewarnungen auf das Urlaubsverhalten 2011?
Das Ergebnis ist eindeutig: Fast jeder zweite Bundesbürger gibt an, sein aktuelles Reiseverhalten den Terror- und Reisewarnungen anzupassen. Vor allem eine Änderung des Reiseziels und der Reisezeit ziehen die Deutschen dabei in Betracht. Und mehr als jeder achte Bundesbürger reagiert entschlossen, indem er seinen Urlaub zunächst einmal gänzlich auf Eis legt. Zusätzlich lässt schon jetzt jeder dritte Deutsche eine generelle Reisevorsicht walten und gibt an, grundsätzlich nur in Urlaubsgebiete zu verreisen, die weniger risikogefährdet sind (z.B. ins Inland). Im Gegensatz dazu äußern lediglich 13 Prozent der Bundesbürger, sich nicht von Reisewarnungen beeinflussen zu lassen und ihren Urlaub wie geplant durchführen zu wollen. Im Vergleich zur Vergangenheit z.B. mit dem Jahr des 1. Golfkrieges 1991 (78%: Urlaubspläne nicht geändert) oder nach dem 11. September 2001 (67%: Urlaubspläne nicht geändert) zeigen die Bürger ein deutlich höheres Risikobewusstsein und wählen ihre Urlaubsziele mit mehr Bedacht aus.
Das Fazit des Wissenschaftlichen Leiters der BAT-Stiftung: „Auch in Krisenzeiten wollen die Deutschen reisen. Die Tourismusbranche wird daher eher kurzweilige Schwankungen als Einbrüche verzeichnen und auch diese werden nur für bestimmte Regionen gelten. Und auch die Reiseziele in Ägypten und Tunesien können langfristig wieder beliebte Reiseziele der Deutschen sein. Ob jedoch die Touristen schon diesen Sommer wieder zurückkommen, ist fraglich. Diesmal könnte es etwas länger dauern“.

Technische Daten der Befragung TA 2011
Ergebnisse der 27. Deutschen Tourismusanalyse

Anzahl und Repräsentanz der Befragten: Deutschland, 4.000 Personen ab 14 Jahren
Befragungszeitraum: Januar 2011
Befragungsinstitut: GfK Marktforschung/Nürnberg

Ihre Ansprechpartnerin

Ayaan Güls
Pressesprecherin

Tel. 040/4151-2264
Fax 040/4151-2091
guels@stiftungfuerzukunftsfragen.de

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